Unsere Welt steckt voller Mathematik – man muss nur genau hinsehen. Überall begegnen uns Muster, Formen, Zahlen und Größen: im Treppengeländer, im Pausenhof oder an der Fensterfront. Dinge, die auf den ersten Blick ganz alltäglich wirken, entpuppen sich schnell als echte Mathe-Wunder. Das haben auch die Schüler:innen der 3. Klasse der Grundschule Werdorf erlebt. Ausgerüstet mit Tablet und Bound ging’s los zur mathematischen Entdeckungstour über den eigenen Schulhof. Ziel: Alltägliche Orte mit neuen Augen sehen – und zwar durch die Mathe-Brille. Beim Rätseln, Erkunden und Vergleichen wird Mathe nicht nur greifbar, sondern richtig lebendig. So macht Lernen Spaß – und bleibt hängen.
Grundidee: Wenn aus Mathe eine Mission wird
Unsere Umgebung steckt voller mathematischer Ideen – man muss sie nur sichtbar machen. Genau das haben Schüler:innen der 3. Klasse der Grundschule Werdorf getan. Mit einem selbstgebauten Bound und der Actionbound-App ging’s auf digital geführte Schnitzeljagd über das eigene Schulgelände. Das Ziel: Mathe erleben, entdecken und begreifen.
Ob Treppenhaus, Schulhof oder Flure – alles kann zur erlebbaren Lernumgebung werden. Mit Actionbound lassen sich diese alltäglichen Orte in Stationen eines interaktiven Lernpfads verwandeln. Die Schüler:innen erkundeten ihre Schule dieses Mal also nicht nur mit offenen Augen, sondern auch mit Maßband, Zollstock und Tablet. So wurden Größen, Formen und räumliche Zusammenhänge greifbar – im wahrsten Sinne des Wortes.
Erstellung eines Bounds
Auf www.actionbound.com erstellen Lehrkräfte in wenigen Schritten ihren eigenen Lernpfad – bei uns Bound genannt. In diesem Fall drehte sich alles um Mathematik im Alltag. Der Bound wurde vorab im Browser vorbereitet: Ob in Gruppen oder allein, mit freier Navigation oder Schritt für Schritt – alles lässt sich flexibel einstellen. Der fertige Bound wird dann von den Schüler:innen mit den zur Verfügung stehenden Geräten, Smartphone oder Tablet, gespielt.
Materialbedarf
Um den Bound zu spielen braucht es gar nicht viel: Jede Gruppe schnappt sich ein Tablet oder Smartphone mit vorinstallierter App – der Bound ist vorab geladen, also reicht ein kurzer WLAN-Zugriff zu Beginn und am Ende. Und damit das Rechnen und Messen draußen richtig Spaß macht, gibt’s pro Gruppe ein Lineal (50 cm), einen Zollstock (2 m) und ein Maßband (30 m oder 50 m) mit auf den Weg. Die Geräte stecken in robusten Kinderschutzhüllen – sicher ist sicher!
Foto: Maximilian Schaffer
Methoden und Ziele
Besonders gut funktioniert ein Bound im Unterricht, wenn die Schüler:innen ihn in kleinen Gruppen (am besten zu dritt oder viert) spielen. So kann jede:r mit den eigenen Stärken glänzen: Die einen übernehmen das Lesen, andere das Messen – und irgendjemand muss ja auch den Überblick behalten. Durch die unterschiedlichen Rollen bringen sich alle aktiv ein und lernen ganz nebenbei, im Team zu arbeiten. Das Ziel: mehr Selbstständigkeit im Lernprozess. Die Kinder probieren Dinge aus, bekommen direkt Feedback auf ihre Eingaben und reflektieren gemeinsam, was richtig war – oder eben nicht. Auch der Mathe-Kopf wird ordentlich gefordert: Durch das ständige Vergleichen von Schätzungen und realen Messungen entwickeln sich sinnvolle Größenvorstellungen, z. B. im Bereich Längen. Und nicht zuletzt: Der Umgang mit digitalen Tools wie Tablets oder Smartphones wird ganz selbstverständlich mitgelernt. So werden Mathe, Medienkompetenz und Teamwork in einem Rutsch gefördert – klingt nach einer runden Sache, oder?
Durchführung und Auswertung
Gemeinsam mit Kristina Schulz haben wir einen Bound umgesetzt, bei dem sich alles um das Thema Längen dreht – und zwar mitten im Schulalltag einer dritten Klasse mit sehr unterschiedlichen Lernvoraussetzungen. Die Aufgabe war klar: Mathe zum Anfassen – und zwar draußen auf dem Schulhof! Dafür wurde die Klasse in gemischte Dreiergruppen eingeteilt. Damit beim Spielen niemand den roten Faden verliert, wurde im Vorfeld alles gut besprochen. Gemeinsam wurde eine Beispielaufgabe durchgespielt, die genau so aufgebaut war wie die späteren Stationen im Bound. Und dann ging’s los: Fünf Stationen, die frei gewählt werden konnten – ganz ohne feste Reihenfolge. So konnten Warteschlangen und Leerlauf vermieden werden. Für die gesamte Rallye stand eine Doppelstunde zur Verfügung.
Der Ablauf an jeder Station war immer gleich: Zuerst wurde geschätzt (1), dann wurde mit Körpermaßen gemessen (2), und zum Schluss (3)kam das „echte“ Messgerät zum Einsatz – Lineal, Zollstock oder Maßband.
Im Klassenzimmer wartete die erste Aufgabe: die Länge eines Tisches ermitteln. Weiter ging’s im Schulgebäude – hier sollte der barrierefreie Aufgang in der Aula vermessen werden. Die drei übrigen Stationen lagen draußen auf dem Pausenhof: die Länge des Schulgebäudes, der Umfang eines Baumes und die Höhe des Klettergerüsts. Aus Sicherheitsgründen wurde beim Klettergerüst auf das Messen mit Körperteilen verzichtet – hier kam direkt das Maßband zum Einsatz. Nach Abschluss des Bounds kann die Lehrkraft ganz einfach alle Ergebnisse auf der Actionbound-Webseite einsehen: von den erreichten Punkten bis hin zu den konkreten Eingaben der Kinder. Besonders spannend ist eine gemeinsame Auswertung mit der ganzen Klasse – sie bietet Raum für Reflexion, Vergleich und vertieftes Verständnis. So wird aus dem Messabenteuer auch ein echter Lerngewinn.
Und das Ergebnis?
Die Gruppen meisterten das Schätzen von Längen bis zu zehn Metern richtig gut. Bei größeren Distanzen wurde es schwieriger – da fehlt oft noch das räumliche Gefühl. Auch das Messen mit Maßband & Co. war gar nicht so einfach. Zwar lagen viele Ergebnisse nah an der Realität, aber kleine Ungenauigkeiten machten sie trotzdem fehlerhaft. Der Grund? Meist fehlte es an Abstimmung im Team. Missverständnisse oder unklare Absprachen führten zu krummen Messwerten. In der gemeinsamen Auswertung wurden wichtige Fragen aufgeworfen, die das genaue Arbeiten mit Messgeräten betreffen – zum Beispiel: „Darf das Maßband verdreht sein?“ oder „Muss es exakt aufliegen?“. Genau solche Aha-Momente machen den Lerneffekt am Ende richtig wertvoll.
Fazit: Mathe zum Mitmachen – draußen, drinnen, digital
Mit Actionbound wird der Schulalltag zum Erlebnis: Schulhof, Klassenzimmer oder Treppenhaus verwandeln sich dabei in interaktive Lernorte. Die gemeinsame Arbeit in Kleingruppen fördert Kommunikation, während Tablets für extra Motivation sorgen.
Literatur
Schreiber, Ch. & Schulz, K. (2017) Actionbound – virtuelle Schnitzeljagd. Mathematische Aspekte in der Umwelt spielerisch entdecken. Mathematik differenziert, 1/2017, 22-25.